Zur Amtschef- und Agrarministerkonferenz am 25. bis 28. September 2012 in Schöntal
Wiedereinführung einer gekoppelten Stützung für die Schaf- und Ziegenhaltung
Sehr geehrter Herr Minister Vogelsänger,
der Schaf- und Ziegenfleischsektor befindet sich seit Jahren in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Die Zahl der Schafe und Ziegen haltenden Betriebe ist sehr stark rückläufig. Im Schafsektor Brandenburgs ist er in den letzten 5 Jahren um 30 % gesunken. Weniger Betriebe bedeuten jedoch nicht mehr Tiere pro Betrieb. Der wichtigste Grund für die Betriebsaufgaben ist die schwierige wirtschaftliche Perspektive. Zunehmende Flächenkonkurrenz und rasch steigende Betriebskosten sind weitere Faktoren, die eine wirtschaftliche Weiterführung der Betriebe erschweren.
Andererseits hat die Schaf- und Ziegenhaltung in Brandenburg einen effektiven Hochwasserschutz durch Deichpflege sichergestellt, denn nur über den Weideverbiss und Tritt von Schafen und Ziegen kann die angestrebte Narbendichte auf den Deichen zum Schutz vor Wasserauskolkungen sichergestellt werden. Ohne Schafe und Ziegen könnten die von der Gesellschaft gewünschten Kulturlandschaften nicht erhalten werden. Nur die Beweidung sichert und erhöht die Artenvielfalt… Artenreiche Heiden, Magerrasen und Grünland sind in der Regel nur durch die Schaf- und Ziegenhaltung zu erhalten. In der Landschaftspflege gilt deshalb die Beweidung als eine der wichtigsten Pflegeformen, um die Artenvielfalt und Kulturlandschaft miteinander zu verbinden und leistet einen wichtigen Beitrag für die Umsetzung der Ziele der Biodiversitätsstrategie und von NATURA 2000. Gerade auch die Kombination der Schaf- und Ziegenhaltung sichert die Unterbindung von unerwünschten Verbuschungen.
Im Einzelnen ist Folgendes festzuhalten:
- Die Schaf- und Ziegenhaltung hat sich bei der Pflege und Erhaltung von Biotopen und naturschutzrechtlich wertvollen Lebensraumtypen als unverzichtbarer Bestandteil praktischer, gesellschaftlich wertvoller Arbeit, zur Erhaltung unserer Kulturlandschaft bewährt.
- Bislang geschieht dies durch vertraglich vereinbarte Pflegemaßnahmen, überwiegend im Rahmen der KULAP- Programme. Soweit die Pflegeflächen, wie häufig, gar keine klassischen landwirtschaftlichen Flächen sind, wie Heiden oder zur Vernässung neigende Grünlandstandorte, hat sich die Integration in die landwirtschaftlichen Förderprogramme oftmals als sehr schwierig und mit erheblichen Risiken in Form von CC- Anlastungen für die Schäfereien herausgestellt.
Dieser besonderen Situation der Schaf- und Ziegenhaltung und den erbrachten wichtigen öffentlichen Leistungen könnte mit der Wiedereinführung einer gekoppelten Stützung speziell für die Schaf- und Ziegenhaltung Rechnung getragen werden. Die seinerzeit angewandte Tierprämie bei Schafen und Ziegen führte zu keinem Überangebot von Schaf- und Ziegenprodukten, sondern stärkte vielmehr erfolgreich diese ökologisch wertvolle Form der Weidetierhaltung. Besonders sind die flächenarmen und -losen Wanderschäfereien auf diese Kopplung angewiesen, da sie ansonsten ab 2013 keinerlei Zuwendungen mehr erwarten können und die Existenz gefährdet ist. Die Kommission eröffnet ab 2014, im Rahmen der neuen GAP, die Möglichkeit für bestimmte Sektoren und Erzeugungen gekoppelte Stützungen gewähren zu können. „Die gekoppelten Stützungen dürfen nur an Sektoren oder Regionen eines Mitgliedstaates gewährt werden, in denen sich spezifische Landwirtschaftsformen, bzw. Agrarsektoren in Schwierigkeiten befinden und ihnen aus wirtschaftlichen und/oder sozialen und/oder ökologischen Gründen eine ganz besondere Bedeutung zu kommt“. Das ist bei der Schaf- und Ziegenhaltung der Fall.
Der Entwurf der neuen Direktzahlungsverordnung sieht also seitens der Kommission die Möglichkeit vor, dass die Mitgliedstaaten unter bestimmten Bedingungen eine gekoppelte Stützung u.a. für den Sektor Schaf- und Ziegenhaltung zur Fleisch und Milcherzeugung gewähren können. Zudem ist zu bedenken, dass mit dem reinen Bezug von Zahlungen auf die Fläche zwangsweise die Begehrlichkeit, Flächen zu erlangen, steigt. Als Folge stiegen die Pachtpreise. Hiervon waren die Schäfereien besonders betroffen. Da mehr als 50 % der Flächen sich nicht im Eigentum von Landwirten befindet, fließt als zusätzliche Folge ein nicht unerheblicher Teil der Zahlungen, durch die erhöhten Pachtpreise, an den Landwirten vorbei zu den Flächeneigentümern; ein Ergebnis, dass mit der Agrarreform nicht angestrebt werden kann und für die Teilkopplung spricht.
Die sinkenden Schaf- und Ziegenbestände im Rahmen der aktuellen Agrarpolitik einerseits und der hohe nachhaltige Nutzen für Deichschutz, Natur und den ländlichen Raum durch Schafe und Ziegen andererseits, sollte die Einführung einer gekoppelten Stützung „Kopfprämie“ ab 2014 in Höhe von 25,00 € je Mutterschaf bzw. –Ziege rechfertigen. Diese wäre beispielsweise über ca. 2,00 € weniger je Zahlungsanspruch finanzierbar.
Ich hoffe daher, auf Ihre Unterstützung, damit die zukünftige Agrarreform endlich dieser wertvollen landwirtschaftlichen Tierhaltungssparte und insbesondere den jungen Betriebsleitern neue Perspektiven aufzeigt.
Mit freundlichen Grüßen Groß Kreutz, den 21. 09. 2012
Jan Greve
Vorsitzender