Das Zuchtjahr 2012

Schaf- und Ziegenzucht im Jahresrückblick 2012

Der Schafzuchtverband Berlin-Brandenburg ist zuständig für die Zucht von Schafen und Ziegen und für alle verbandspolitischen Belange der Schaf- und Ziegenhaltern. Insgesamt werden 33 Schafrassen und 8 Ziegenrassen züchterisch betreut. Das ist eine erfreuliche Vielfalt, da neben ausländischen Rassen, die gut an die Haltungsbedingungen in Brandenburg angepasst sind, auch zunehmend alte Rassen züchterisch gepflegt und so vom Aussterben geschützt werden.

Entwicklung der Zuchtbestände

Die Zahl der Herdbuchschafe unterscheidet sich 2012 nur unwesentlich von 2011, wobei durchaus Bestandsrückgänge bei einzelnen Rassen zu erkennen sind, die aber durch Zuwächse bei anderen aufgefangen werden. Die Bestände der zahlreichsten Rassen sind in Tabelle 1 aufgeführt
schaf_und_ziegenzucht_im_jahresrueckblick_2012_bild_1Auch die Zahl der Ziegenzüchter und die Bestände an Herdbuchziegen haben sich in 2012 erfreulich entwickelt, was vorwiegend auf die wachsende Beliebtheit der Anglo-Nubier Ziegen und der Thüringer Wald-Ziegen zurückzuführen ist. Auch wenn der Bestandsanstieg insgesamt stolze 33% beträgt, bleibt der absolute Herdbuchbestand vergleichsweise niedrig und erlaubt nur bedingt eine konsequente Zuchtarbeit, besonders wenn diese auf den Milchertrag gerichtet ist. Der Verband wird daher in 2013 noch mehr Aktivitäten entwickeln, vorhandene gute Ziegenbestände für die Zuchtarbeit zu gewinnen. (Tabelle 2).

Durch die Beteiligung des Verbandes an dem bundesweiten Herdbuch- und Leistungsauswertungssystem „serv.it Ovicap“ sollte die Attraktivität für eine Beteiligung  vom interessierten Züchtern wachsen, da nun eine Basis für eine verlässliche Zuchtwertschätzung von Zuchtmuttern und Zuchtböcken geschaffen ist.schaf_und_ziegenzucht_im_jahresrueckblick_2012_bild_2Durchführung der Leistungsprüfungen

Das im SZVBB praktizierte Leistungsprüfprogramm beinhaltet verschiedene Aktionsebenen in die der Züchter, die Zuchtwarte und der Zuchtleiter involviert sind:

  • Herdendurchsicht (auf Wunsch des Züchters)
  • Lämmerbonitur (auf Wunsch des Züchters)
  •  Lämmerfeldprüfung auf Gewichtsentwicklung
  •  Herdbuchaufnahme von weiblicher Nachzucht
  •  Körung von Nachzuchtböcken
  • Ultraschall-Untersuchung auf Fleischleistung im Feld
  • Besondere Beurteilung von Zuchtböcken für Eliteveranstaltungen
  • Bewertung der Euter von Milchschafen und Milchziegen
  • Stationsprüfung von Bocklämmern (Eigenleistung mit Ultraschall-Untersuchung  oder Nachkommen)

Diese Leistungsprüfarbeit wird in Brandenburg durch Zuchtwarte, den Zuchtleiter und durch eingeladene Zuchtsachverständige in Regionalveranstaltungen oder auf dem Züchterhof durchgeführt. Die etablierte Arbeitsteilung sieht folgendermaßen aus:

  • der Zuchtleiter betreut die Haupterwerbszüchter, führt die Körungen zusammen mit Zuchtwarten durch und beteiligt sich an den regionalen Zuchtveranstaltungen,
  • die Zuchtwarte sind mit der Durchführung der Zuchtarbeit bei kleineren Zuchtbetrieben und im Hobbybereich befasst und beteiligen sich teilweise an der Organisation der Regionalen Zuchtveranstaltungen,
  • zu rassespezifischen Zuchtveranstaltungen werden ausgewiesene Rassefachleute zu Teilnahme an der Zuchttierbewertung eingeladen,
  • Stationsprüfung und Ultraschall-Untersuchungen in Kooperation mit dem LELF und LVAT.

Der Umfang der Leistungsprüfungen auf regionalen Veranstaltungen und den Züchterhöfen hat sich 2012 erfreulich entwickelt (Tabelle 3)schaf_und_ziegenzucht_im_jahresrueckblick_2012_bild_3

schaf_und_ziegenzucht_im_jahresrueckblick_2012_bild_4Der Umfang der durchgeführten Leistungsprüfungen für die verschiedenen Prüfbereiche (Tabelle 4) hat sich in 2012 erheblich ausgeweitet. Besonders die Lämmerfeldprüfung im Rahmen der Nachkommenschaftsprüfung für Zuchtböcke ist von den Züchtern gut angenommen worden, da einerseits diese Informationen vielfach ein Teil der Betriebsberatung sind und über „serv.it-Ovicap“ zur verbandsübergreifenden Zuchtwertschätzung von Zuchtböcken genutzt werden. Aber auch die Milchleistungsprüfung bei Schafen und Ziegen hat sich besser als erwartet entwickelt.  Dabei spielt sicher ein Rolle, dass zunehmend die MLP-Daten als eine wichtige Grundlage begriffen wird für:

  • die Optimierung von Haltung und Fütterung darstellen,
  • die Selektion der weiblichen Nachzucht,
  • eine verbesserte Auswertung der MLP-Daten über serv.it-Ovicap, die den Betrieben eine bessere Einschätzung des eigenen Leistungsstandes erlaubt.

Die Bedeutung der Nachkommenprüfung im „Feld“ kann durch die Ergebnisse in einigen ausgewählten Betrieben und Rassen belegt werden. (Tabelle 5)

schaf_und_ziegenzucht_im_jahresrueckblick_2012_bild_5
Zwischen den besten und schlechtesten Böcken sind Unterschiede in den täglichen Zunahmen von 10 bis 40 Gramm zu verzeichnen. In einem Alter von 120 Tagen würden diese Zunahmedifferenzen sich auf 1,2 und 4,8 kg addieren. Bei angenommenen 50 Nachkommen pro Bock ergeben sich dann Gewichtsunterschiede von 60 und 240 kg oder Verkaufspreisunterschiede in Höhe 132 bis 528 Euro (angenommener Preis: 2,2€ /kg Lebendgewicht) zwischen den Nachkommengruppen von Vatertieren. Es lohnt sich also einen guten Bock in der Herde einzusetzen.

Stationsprüfung (Daten dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt durch Herrn Dr. Jurkschat, LELF)

Seit 2011 wird im SZVBB sowohl die Nachkommenprüfung- bzw. Halbgeschwisterprüfung als auch die Eigenleistungsprüfung angeboten. Nach stark rückläufigen Beschickungen in den vergangenen Jahren mit reiner Nachkommenschaftsprüfung und Schlachtkörperwertermittlung nach der Schlachtung hat sich der Trend positiv gefestigt. Die jetzt eingeräumte erweiterte Wahl des Verfahrens kommt den Züchterinteressen näher.

schaf_und_ziegenzucht_im_jahresrueckblick_2012_bild_6
schaf_und_ziegenzucht_im_jahresrueckblick_2012_bild_7schaf_und_ziegenzucht_im_jahresrueckblick_2012_bild_8Für eine komplette Halbgeschwistergruppe müssen 16 Lämmer pro Zuchtbock geprüft werden, davon kann die Hälfte weiblich sein. Ohne Schlachtung wird der Schlachtkörperwert durch Ultraschall-Untersuchungen und am lebenden Tier durch subjektive Bewertung der Bemuskelung(außer bei ML) geschätzt.

Die ermittelten Daten werden auf ein einheitliches Alter von 100 Tagen, ein männlichen Probanden, Einling, und auf ein Endgewicht von 42 kg korrigiert. Die Ergebnisse der Stationsprüfung verschiedener Rassen für Zunahmen und Futteraufwand sind in Tabelle 6a und 6 b zusammengestellt.

Das Leistungsniveau ist bei intensiver Fütterung beachtlich und belegt das in den Vaterrassen verfügbare Potential, dass unter Feldbedingungen in der Regel absolut nicht vollständig zu realisieren ist. Dennoch muss die Selektion auf höhere Zunahmen bzw. Muskelbildung weiter betrieben werden, damit schließlich das Leistungsniveau sich auch im Feld unter guten Haltungsbedingungen entfalten kann.

Es werden interessante Unterschiede zwischen den Rassen sichtbar, aber noch interessanter sind die Unterschiede zwischen Bocknachkommengruppen innerhalb der Fleischrassen. Dies ist  ein deutlicher Hinweis auf die noch vorhandene Leistungsvarianz, die durch sorgfältige Leistungsprüfung und Selektion für den Zuchtfortschritt genutzt werden kann.

Die Schlachtleistungsparameter aus der Nachkommenschaftsprüfung von vier Wirtschaftsrassen sind in Tabelle 7 zusammengestellt, wobei besonders auf die US-Fettauflage verwiesen wird, die mit 4,3 bis 5 mm nur eine geringe Variabilität zwischen den Rassen zeigt.
schaf_und_ziegenzucht_im_jahresrueckblick_2012_bild_9
Brandenburger Landwirtschaftsausstellung (BraLa) 2012

Demonstration der Rassenvielfalt

Viele Schaf und Ziegenhalter haben in diesem Jahr dazu beigetragen, dass im Zelt des Schaf- und Ziegenzuchtverbandes eine eindrucksvolle Sammlung der verschiedenen in Brandenburg gehaltenen Schaf- und Ziegenrassen von den vielen interessierten Zuschauern bestaunt werden konnte. Auf das Nebeneinander der verschiedenen Rassen mit ihren Gewichtsunterschieden, Wolltypen und Hornausprägungen  reagierten viele Besucher mit Erstaunen. Die gut gelungenen Stalltafeln und Poster mit einprägsamen Erläuterungen zu den Rassen, ihrer Herkunft und ihren Haltungsansprüchen rundeten die interessante Schau ab.

Anlässlich einer Prämierung und Rangierung aller ausgestellten Tiere konnten die besonders guten Ausstellungsgruppen mit einem 1 und 2. Preis ausgezeichnet werden. Es wäre wünschenswert, wenn dieses als Anreiz zu einem weiteren Besuch der BRALA durch die Züchterführen würde schließlich wenden alle Aussteller viel Mühe, Zeit und Kosten auf, um dabei zu sein.

Die Schafrasse des Jahres
Das Merinofleischschaf stand als Rasse des  Jahres im Vordergrund der mehr fachlich orientierten Ausstellung. Auf gut strukturierten und informativen Postern war die Rassengeschichte der Merinofleischschafe dargestellt und ihre Bedeutung für Brandenburg über die letzten fast 200 Jahre nachgezeichnet. Unser Dank geht an Herrn Dr. Jurkschat für die fachliche Aufbereitung dieser historisch belegten Rassedarstellung, und an Herrn Biermann für die Bereitstellung einer hervorragenden Gruppe von Merinofleischschafen.

Produktpräsentationen
Mit einem Wollstand zur aktiven Demonstration der Wollaufbereitung und–verarbeitung konnte vielen Zuschauern ein Einblick in die handwerklichen Künste mit zum Teil herkömmlichen Spinnrädern geboten werden. Aber auch die beachtliche aus Wolle erzeugbare Produktpalette von den bekannten Strickwaren bis zu exzellent wirksamen Pflanzendünger erzeugte bei den vielen Besuchern durchaus erstaunende Nachfragen.

Jungzüchterwettbewerb
Im traditionellen Jungzüchterwettbewerb konnten 6 Teilnehmer in zwei Altersklassen (5 bis 10 Jahre; 11 bis 15 Jahre)ihre Fähigkeiten in der Handhabe, Führung und Beurteilung von Schafen demonstrieren. Gerne wird der SZVBB diese Jungzüchterwettbewerbe auch in Zukunft fördern, um so zur zukünftigen Stärkung des gesamten Schaf- und Ziegenzuchtsektors in Berlin-Brandenburg beizutragen. Über die Preisträger wurde schon zu einem früheren Zeitpunkt berichtet.

Rassenvielfalt im Großen Ring
Dank des Engagements  vieler Züchter war es möglich an jedem Tag der BRALA ein großes Aufgebot der Schaf- und Ziegenrassen im Großen Ring vorzustellen und die beruflichen Rahmenbedingungen unserer Schaf- und Ziegenhalter zu erläutern. Besonders positiv wurde in dieser Schau das Auftreten unserer Jungzüchter, darunter die Preisträger des diesjährigen Jungzüchterwettbewerbs, registriert und mit großem Applaus bedacht.

Fazit für 2012

Die Schaf- und Ziegenzucht zeigte in 2012 einen erfreulichen positiven Trend, bestätigt durch die Zahl der Züchter, die Zahl der Zuchttiere, und den Umfang der Leistungsprüfungen.

Das Aufdecken von Leistungsunterschieden zwischen Zuchttieren sollte die Bereitschaft fördern, gute und geprüfte Zuchttiere in der Herde einzusetzen, dem Grundsatz folgend, dass der Böck die Halbe Herde darstellt und hohe Leistungen schnell zu höheren Erträgen führt.

Die Stationsprüfung bildet weiterhin eine wichtige Komponente im Programm der Leistungsprüfung für eine standardisierte Leistungsermittlung.

Das im SZVBB eingeführte und umgesetzte System der parallelen Durchführung von regionalen Zuchtveranstaltungen zur gleichzeitigen Öffentlichkeitsarbeit verbunden mit dem Einsatz eines vom Verband gestellten Zuchtleiters und den Verbands-Zuchtwarten hat sich in 2012 gefestigt und führt zu einer breiten Interessensbildung in der Züchterschaft.

Prof. Kurt J Peters
Zuchtleiter