Gelungener Ziegen- und Milchschaftag 2012
[singlepic id=130 w=220 h=140 float=right]In diesem Jahr führten wir unseren Ziegen- und Milchschaftag am 20.11.12 im Karolinenhof durch. Im Jahre 2005 wurde die Veranstaltungsreihe hier gestartet. Die 50 Teilnehmer konnten sich einen Eindruck von den Veränderungen verschaffen, welche innerhalb der vergangenen 8 Jahre stattgefunden haben. Die Hofbetreiberin – Gela Angermann gab hierzu Erläuterungen.
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Abb. 1 und 2: Gela Angermann bei den Erläuterungen zum Karolinenhof
Der Betrieb betreut eine Herde von 110 Ziegen. Zum Betrieb gehören 32 ha Ackerfläche. Der Hof wird nach den Vorgaben des Ökologischen Landbaus bewirtschaftet. Die Milch wird zu 20 verschiedenen Rohmilchkäsesorten verarbeitet. Der Absatz läuft über den Hofladen. Z.T. werden auch Geschäfte in Berlin beliefert. In den vergangenen Jahren hat sich das Wiesencafe zu einem wichtigen Standbein der Vermarktung entwickelt. Die Lage im Kremmener Luch nahe zu Berlin beschert den Hofbetreibern auch im Herbst viele Besucher, wenn Tausende von Kranichen hier Rast machen. Der neu geschaffene Wintergarten mit 40 Sitzplätzen macht den Besuch des Wiesencafes auch bei schlechtem Wetter lohnenswert.
Der Vortragsteil wurde von Dr. Pera Herold (Vorsitzende des Ziegenzuchtverbandes Baden-Württemberg e.V.) eröffnet. Es wurde ein umfassender Überblick zu Verbandsarbeit, Beständen, Rassen und Zuchtarbeit in Baden-Württemberg gegeben. Ziegehaltung hat hier eine lange Tradition. Neben der Milch – und Fleischerzeugung spielen die Leistungen in der Landschaftspflege eine zunehmende Rolle. Es werden ca.40.000 Ziegen im Lande gehalten. Der Herdbuchziegenbestand beläuft sich auf ca. 2.800 Mutterziegen in 16 Rassen.
Nach der Burenziege (ca. 1.100 Muttern) stellt die „Bunte Deutsche Edelziege“ mit 800 Tieren den zweitgrößten Zuchttierbestand im Land. 2.500 Tiere nehmen am Programm zur CAE -Sanierung teil. Ungefähr 400 Ziegen stehen in der Milchleistungsprüfung. Die mittleren Rassenleistungen bewegten sich 2011 zwischen 612 l (Thüringer Waldziege) und 1.158 l (Weiße Deutsche Edelziege). In den letzten Jahren stagniert die Milchleistung. Gemeinsam mit Bayern arbeitet man zur Zeit an einem Projekt zur Zuchtwertschätzung in Bezug auf die Milchleistung.
Es existieren 35 – 40 Erwerbsmilchziegenhalter – davon 18 größere Betriebe. Über ein Projekt ist die Betriebsberatung organisiert. 20 Betriebe nehmen an der Beratung teil. Die Herdengrößen bewegen sich zwischen 30 und 200 melkende Ziegen. Im Einzugsgebiet des Schwarzwaldes gibt es eine Ziegenmilchmolkerei.
Die Verbands- und Zuchtarbeit ist arbeitsteilig organisiert. Vorsitzender und Vorstand werden fachlich durch spezialisierte Arbeitskreise unterstützt (AK für Erwerbsziegenhaltung, Landschaftspflege, Vermarktung und Fleischziegen). Die Zuchtarbeit liegt in den Händen von Zuchtleiter, Herdbuchführer und 3 Zuchtberatern, welche auch für die Schafzucht im Lande zuständig sind.
Den kompletten Vortrag von Frau Dr. Pera Herold finden Sie hier zum Download: Ziegenzüchtung in Baden-Württemberg (.pdf Dokument, 6 MB)
Im zweiten Hauptthema referierte Frau Dr. Claudia Schmied-Wagner von der Tierärztlichen Universität Wien zu Problematik der Enthornung in Milchziegenbeständen. Diese Maßnahme stellt eine erhebliche Belastung für die Kitze dar. Sie wird durchgeführt, um Verletzungen in Folge von Rangkämpfen und einen erhöhten Arbeitsaufwand zu vermeiden. Im Rahmen eines größeren Projektes wurde der Einfluss des Status der Behornung auf die Herdensituation untersucht. In die Studie wurden 45 Betriebe in Österreich, Deutschland und der Schweiz einbezogen. Neben Betriebserhebungen zu sozialem Stress, Verletzungen und anderen Einflussfaktoren in großen Milchziegenherden wurden experimentelle Untersuchungen durchgeführt und Daten zu Arbeitsökonomie und Betriebswirtschaft erhoben.
Die Untersuchungsergebnisse zeigten, dass der Einfluss von Mensch-Tierbeziehung, Fütterungsmanagement, Herdenmanagement und bauliche Ausgestaltung des Stalles eine deutlich größere Auswirkung auf Aggressionsverhalten und Verletzungshäufigkeiten haben als der Behornungsstatus. Als günstig erscheint die fortdauernde Herdenbetreuung durch einen identischen, möglicht nicht zu großen Personenkreis. Zeitlich ausreichender Zugang zu qualitativ gutem Grundfutter bei nicht zu hohem Kraftfutterangebot reduziert Stress. Ebenfalls förderlich ist eine stabile Gruppenzusammensetzung. Jungziegen sollten in die Gruppe eingeführt werden, wenn die Mutterziegen noch Lämmer führen. Große Gruppen sind günstiger als Kleingruppenhaltung. Palisadenfressgitter haben sich gegenüber anderen Fressgitterkonstruktionen als Stress reduzierend erwiesen.
Im Kern zeigten die Untersuchungen, dass bei Erfüllung der o.g. Bedingungen die Haltung von Ziegen in behornten oder auch in gemischten Herden ohne Probleme möglich ist.
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Abb. 3: Vortragsteil im ausgebauten Wintergarten des Wiesencafes im Karolinenhof
Am Nachmittag wurden durch Frau Dr. Benesch von Schaf- und Ziegenherdengesundheitsdienst Fragen der Tiergesundheit erörtert. Schwerpunkt war hierbei die aktuelle Situation zum Schmallenberg –Virus. Leider können zur der Dauer Immunität nach vorangegangener Infektion noch keine exakten Angaben gemacht werden. Die Firma Intervet arbeitet an der Erstellung eines Impfstoffes. Dieser wird wahrscheinlich Anfang des kommenden Jahres auf den Markt gebracht.
Im offenen Forum wurden anschließend schwerpunktmäßig Fragen zur Parasitologie behandelt. Prof. Peters – Zuchtleiter des Schafzuchtverbandes Berlin-Brandenburg – bezog Stellung zur Problematik des Durchmelkens, zur Milchleistungsprüfung, zur Zuchtarbeit bei funktionalen Merkmalen (Gebissanomalien, Beistriche) und zur Zuchttierverkaufsförderung. Über die neue Homepage des Verbandes werden die regionalen Zuchtveranstaltungen zukünftig potentielle Interessenten noch besser erreichen. Neben den Leistungsprüfungen werden die Regionalveranstaltungen auch Zuchttierauktionen beinhalten. Über die Homepage können zukünftig sowohl Verkäufer – als auch Käuferinteresse gebündelt werden.
Unser besonderer Dank gilt Frau Angermann und ihrer Mannschaft für die Führung durch ihren Betrieb, das gemütliche Umfeld während der Vortragstagung und die nette Bewirtung.
M. Jurkschat