Schmallenberg – kein Ende in Sicht!
Auch in dieser Ablammperiode muss mit Problemen durch die Ausbreitung des Schmallenbergvirus bei der Lammung gerechnet werden.
In Brandenburg sind zwar bisher nur wenige Infektionen gemeldet worden, dies kann sich jedoch ändern. Denkt man nur an das diesjährige Hochwasser mit der Entstehung optimaler Brutbedingungen (feuchte Gebiete und Wärme) für Mücken und Gnitzen.
Schmallenbergvirus – was ist es und was macht es?
Das Virus gehört zu den Bunyaviren und wird wahrscheinlich ausschließlich über Gnitzen übertragen. Durch den Biss und die Blutmahlzeit der Gnitzen gelangt das Virus in den Körper. Dabei ist es nur eine kurze Zeit (5-7 d) im Blut nachweisbar. Erwachsene Tiere zeigen nur kurze und undeutliche Anzeichen einer Erkrankung (Fieber, verminderter Appetit, Mattigkeit). Ist das Muttertier jedoch in dieser Zeit seit 1- 2 Monaten (28- 56 d) tragend gelangt das Virus in den Fetus. Hier verursacht es entweder Aborte, die Entwicklung der bekannten Veränderungen (Verformung der Wirbelsäule und Gelenken, fehlende oder verkürzte Unterkiefer, Wasserköpfe) oder die Geburt lebensschwacher Lämmer. Bei Zwillingen kann auch nur 1 Lamm betroffen sein. Sehr häufig kommt es durch die Verformungen zu Geburtsstockungen mit teilweise tödlichem Ausgang fürs Muttertier. Aus diesem Grund ist auch in diesem Jahr eine sehr gute Überwachung während der Ablammzeit notwendig.
Die Auswertung von Untersuchungen des FLI und der TiHo Hannover hat ergeben, das in betroffenen Beständen nur ein Teil der Tiere infiziert und damit immun ist. Alle anderen sind weiterhin voll empfänglich! Der Nachweis einer Infektion erfolgt durch den Antikörpernachweis (ab 7.-14. Tag nach der Infektion) im Blut oder bei den verendeten Lämmern (Sektion). Rinder weisen im Vergleich zu Schafen und Ziegen die höchste Infektionsrate (90%) innerhalb der Herden auf, während in Schaf- und Ziegenherden die Rate stark variiert und deutlich niedriger liegt (ca. 20-30 %). Ziegen weisen hierbei die geringste Infektionsrate auf. Sind sie weniger attraktiv für Gnitzen oder weniger empfänglich? Sicher ist, dass die Haltungsform einen Einfluss hat, denn extensiv gehaltene Herden (bes. in feuchten Gebieten) sind zu größeren Teilen infiziert als im Stall gehaltene Herden. Außerdem ist nachgewiesen, dass auch im Winter bei Temperaturen über 5°C Gnitzen fliegen und damit Infektionen möglich sind.
Was können wir machen?
- Aufstallung auf trockener Einstreu: mindestens ab der Dämmerung und bis nach Sonnenaufgang, da dies die Hauptflugzeit der Gnitzen ist
- Weiden in trockenen Gebieten, da sich Gnitzen in feuchten Gebieten (Tümpel, Pfützen, Morast) sehr gut vermehren
- Repellentien: Butox© und Latroxin© Delta, Achtung – diese wirken nur kurz und begrenzt gegen Gnitzen, doch besser als nichts! Deshalb sollten sie kurz vor dem 2. Trächtigkeitsmonat aufgetragen werden. Auch der Einsatz von Knoblauch im Mineralfutter soll Wirkung zeigen (nicht bei Milchliefernden Tieren – Geschmacksveränderung der Milch)
- Verschiebung der Deckzeit: So planen, dass in der Hauptflugzeit der Gnitzen (Aug-Okt.)keine bzw. mögl. wenige Tiere im 1. Trächtigkeitsdrittel sind.
- Intensive Geburtsüberwachung: Bitte zögern Sie nicht, bei Geburtsstockungen tierärztlich Hilfe anzufordern! Es kann das Muttertier und ein evtl. lebensfähige Zwillingslamm retten.
- Impfung: Bisher ist nur in Großbritannien und in Frankreich je ein Impfstoff zugelassen. Eventuell wird noch in diesem Jahr ein Impfstoffes in Deutschland zugelassen.
- Untersuchungen: Haben Sie den Verdacht einer Schmallenberginfektion, senden Sie bitte ein totgeborenes Lamm mit Veränderungen bzw. eine Serumprobe des Muttertieres an das Landeslabor Brandenburg. Ist die Diagnose für die Herde gesichert, bringen weitere Einsendungen bzgl. Schmallenberg keine Vorteile und schmälern Ihr Untersuchungsguthaben (2.000 €) für Aborte und Sektionen bei der Tierseuchenkasse.
Es bleiben weiterhin einige Fragen offen. Die wahrscheinlich mit der Zeit geklärt werden können.
Ihre Dr. Annett Rudovsky